Narben sind etwas sehr Interessantes, und es gibt wohl kaum einen Menschen, der keine Narbe hat. Jede Verletzung, und das daraus entstehende Gewebe, hat seine eigene Geschichte. Manche Geschichte ist so klein und unwichtig für uns, dass wir sogar manchmal vergessen, wie sie war. Andere hingegen sind so groß und haben solche Auswirkungen auf uns, dass wir sie wohl kaum jemals vergessen könnten. Auch, wenn man das manchmal gerne würde.
Doch was sind Narben eigentlich genau? Und was kann man tun, wenn sie Probleme bereiten? Und wer kann dabei helfen? Diese Fragen soll dieser Artikel beantworten.
Was sind Narben?
Narben sind das Resultat einer Verletzung und der darauffolgenden Wundheilung. Sollte es beispielsweise einen schlimmen Unfall gegeben haben, spricht man häufig zudem von „Seelischen Narben“, wenn die Patienten auch nach längere Zeit noch mit der Verarbeitung zu kämpfen haben. Doch auch die körperlichen Narben lassen sich unterscheiden. Je nachdem, welche Narbenform vorliegt, können auch unterschiedlichste Probleme auftreten. Hierzu hilft es auch, sich kurz die Prozesse der Wundheilung vor Augen zu führen:
Zunächst kommt es zu einer Verletzung, auf die der Körper mit einem Zusammenziehen (Vasokonstriktion) der betroffenen Gefäße reagiert, um einen übermäßigen Blutverlust zu vermeiden. Zudem verschließen die Blutplättchen (Thrombozyten) die Gefäße zusätzlich. Damit das umliegende Gewebe nicht abstirbt, werden die Gefäße in der näheren Umgebung stärker durchblutet und durchlässiger. Dadurch entsteht die typische Rötung und Schwellung im Wundgebiet. In den nächsten Tagen werden auch Entzündungsförderer (Zytokine) freigesetzt, da es in der Wunde nun für den Umbau einen hohen Stoffwechsel braucht. Leider werden hier häufig übermäßig Schmerzmittel, wie z.B Ibuprofen oder Diclofenac gegeben, welche jedoch die Entzündung und die damit verbundenen Wundheilungsprozesse hemmen. Hierdurch entsteht ein erhöhtes Risiko für Wundheilungsstörungen und vor allem eine entartete Narbenbildung. Als gute Richtlinie kann man sich an „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ orientieren. Ähnliches gilt für die Anwendung von Eis: Es steht in dem Ruf, die Schwellung und den Schmerz zu senken. Es gibt jedoch keine nennenswerten Belege für die Schwellungslinderung, und sogar die Schmerzlinderung konnte nur in einigen Studien belegt werden. Es gibt jedoch weitere Erkenntnisse: Eine übermäßige, intensive Kühlung kann die Lymphgefäße schädigen und zu einer dauerhaften Schwellung führen. Man sollte folglich sehr bedacht mit einer Kühlung umgehen, und diese nur bei Bedarf einsetzen. Oft reicht es schon, für ein paar Minuten eine leicht kühle (Gel-) Auflage auf das Wundgebiet zu legen. Somit wird der Körper in seiner Arbeit kaum gestört.
Im weiteren Verlauf der Wundheilung wird die Wunde mit Bindegewebe aufgefüllt und stabilisiert. Das neue Bindegewebe braucht, um sich auf seine künftige Funktion einzustellen, physiologische und funktionelle Reize. Mit einem moderaten Belastungsaufbau ist man somit gut beraten, und die Wunde kann sich zu einer guten, ihrer Funktion entsprechenden Narbe umbauen. Insbesondere bei größeren Wunden, z.B. nach Operationen, sollte die Wundheilung am besten durch ÄrztInnen und Ergo-/PhysiotherapeutInnen begleitet werden.
Manchmal entwickelt sich die Narbe jedoch nicht so, wie man sie gerne hätte. Es ist gegebenenfalls möglich, dass sich die Narbe nur unzureichend mit Ersatzgewebe füllt. Dies nennt man Atrophe Narbe; man kennt dies zum Beispiel von Aknenarben. Diese Form ist jedoch eher ein kosmetisches als funktionelles Problem. Füllt sich die Narbe, oft als Folge von zu frühzeitiger Überlastung, mit zu viel Gewebe, spricht man von einer Hypertrophen Narbe. Diese erhebt sich über das Hautniveau und ist oft recht breit und fest. Narben dieser Art können neben dem unschönen Erscheinungsbild auch jucken, brennen und die Gewebefunktion einschränken. Dies gilt auch für Keloid-Narben, welche ebenfalls durch eine übermäßige Gewebeproduktion charakterisiert sind. Die Keloide wachsen zudem über das ursprüngliche Wundgebiet hinaus und infiltrieren nicht betroffenes Gewebe. Ferner treten häufiger Sklerotische Narben auf. Diese Narben sind zumeist eingezogen und straff; sie gehen des Öfteren auch tief in den Körper und verursachen dort Funktionsstörungen. Diese Narben treten des Öfteren bei Athroskopien oder Bauchoperationen wie einer Blinddarmentfernung auf. Abgesehen von der athrophen können alle beschriebenen Narben unter anderem Organstörungen, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen etc. verursachen. Auch Beschwerden, welche zum Teil sehr weit von der Narbe entfernt sind, können durch zum Beispiel Spannungsveränderungen in den funktionellen Muskelketten, Einschränkung von Nervenbeweglichkeit und andere Veränderungen ausgelöst werden. Auch die Lymphwege können in ihrer Funktion massiv eingeschränkt werden. Häufige Beschwerden sind Bewegungseinschränkungen und/oder Schmerzen in dem betroffenen Körperabschnitt, Schwellungen, Funktions- und Koordinationsstörungen und vieles mehr. Mögliche Zusammenhänge sind beispielsweise Rückenschmerzen durch eine Blindarmnarbe, Knieschmerzen durch eine Sprunggelenksfraktur, Halswirbelsäulen- und Nackenbeschwerden durch eine Achilllessehnenruptur, Schwellungen/Abflussstörungen durch größere Operationsnarben oder Hals- und Brustwirbelsäulenprobleme durch Schilddrüsenoperationen. Ärzte und Therapeuten können mit dem entsprechenden Hintergrundwissen recht schnell prüfen, ob eine Narbe mit einem Problem des Patienten zusammenhängen könnte.